Bertha Eckstein-Diener
Pseudonyme: Ahasvera, Sir Galahad – Schriftstellerin
18. März 1874 – 20. Februar 1948
Ihr Bezug zu Baden:
Wohnte in Baden in der heutigen Villa Aichelburg (Helenenstraße) und führte hier einen Salon.
Neugier: Sir Galahad: Bertha Eckstein-Diener
Mütter und Amazonen sind ihr ähnlich vertraut wie die Psychologie. Doch wer kennt sie heute noch, diese besondere und ganz und gar eigenwillig geratene Bertha, die im Jahre 1896 das Licht der Welt erblickte? Richtig: die Rede ist von Bertha Eckstein-Diener, die am 18. März 1874 in Wien das Licht der Welt erblickte. Und die Suche nach Licht – wenn man dieses mit Wissen und Erkenntnis gleich setzt – scheint das Leben dieser Autorin und Forscherin bestimmt zu haben. Traurig, dass man ihre Bücher heute eigentlich nur noch auf ZVAB erstehen kann, oder? Doch die Frau hat es einigen – meist weiblichen Schriftstellerinnen – der letzten Generation überaus angetan. So liebte beispielsweise auch die Autorin Marlen Haushofer, die „die Wand“ schrieb, die Texte der als Bertha Helene Diener geborenen Dichterin.
Heute kennt man sie maximal noch in feministischen Kreisen, und auch das nur unter dem Namen Sir Galahad, den sie Zeit ihres Lebens als Pseudonym verwendete. Zeit ihres Lebens jedenfalls hatte diese mutige österreichische Schriftstellerin und Reisejournalistin jedoch die Hosen an. So gilt ihr überaus poetisch und sprachlich genial gestaltetes Werk „Mütter und Amazonen“ bis heute als der Klassiker der Matriarchatsforschung. Bereits früh zeichnete sich die Schreibende durch einen immensen eigenen Willen aus: In eine bekannte Fabrikantenfamilie hinein geboren und die Ausbildung als höhere Tochter genossen habend widersetzte sich sich schon bald der Idee des Elternhauses – und ehelichte, einfach mal so, aus Liebe – wir reden jetzt von dem Jahre 1989 – Friedrich Eckstein. Dieser, Wiener Fabrikant und Privatgelehrter, war Mitglied der Theosophischen Gesellschaft Adyar in Wien, in der auch Bertha – und das als Frau! – bald schon eine Loge zuteil wurde. Reichtum und Wohlstand florierten in der Zeit – und so mieteten die frisch Vermählten bald schon ein kleines Schloss, in dem das künstlerische Schaffen nur so sprudeln konnte. Ja, die Rede ist von der heutigen Villa Aichelburg, dem damaligen St.-Genois-Schlössl. Bald schon beherbergten die malerischen Räumlichkeiten einen Künstlersalon, in dem Größen der Zeit wie in etwa Peter Altenberg, Karl Kraus, Adolf Loos oder auch Arthur Schnitzler gern ihr Gesicht zeigten. Doch damit nicht genug: Der famose Autor des „Reigen“, Arthur Schnitzler, verewigte diesen Ort, den er die Ecksteinvilla nannte, in einem seiner Romane – und gleichzeitig auch den 1899 dort geborenen Sohn des Paares, einen Jungen namens Percy (1899–1962. So finden wir bis heute Spuren dieser offenbar inspirierenden Künstlerfamilie im 1911 uraufgeführten Drama „Das weite Land“.
Der Austausch mit Künstlern und Wissenschaftern setzte sich in den nächsten Jahren rege fort.
So trat man Ende des Jahrhunderts über andere Bekannte erstmals mit dem jüdischen Arzt Theodor Beer in Kontakt, der es wohl besonders der eigenwilligen Bertha angetan hat. Dergestalt begann diese im Jahr 1900 ein Verhältnis mit dem Mann, der zu dieser Zeit am Genfer See lebte. Wie das fiktionale Werk „Die Kelgeschnitte Gottes“ andeutet, kommt es zu Scheidung und Kampf.
Bertha ist, ähnlich eine der Figuren in diesem überaus eigenwilligen, mal kitschigen, mal spröden, mal wissenschaftlichen und auch witzigen Roman, jedoch stark und trennt sich. So folgen schon einige gemeinsame Reisen mit dem neuen Gatten und dem Sohn, die das frischgebackene Liebespaar unter anderem nach Ägypten, Griechenland und England führten. Erst 1909 jedoch kam es zur Scheidung von Eckstein. Doch alles, was folgte, war nicht unkompliziert. So wurde Beer 1904, ein 1905 zu seinen Ungunsten entschiedener Sittlichkeitsprozess gemacht – wie wir ihn auch in fiktionaler Form in dem eben erwähnten Roman finden. Dieser Disput zog einige öffentliche Aufmerksamkeit auf sich, was Wunder, war Bertha in der Zeit doch eine nicht unwichtige Gestalt des österreichischen Kulturlebens. Doch bemüht unverzagt setzte die starke Frau ihr Leben fort. 1910 bekam sie einen weiteren Sohn, Roger Diener. Leider aber schlug das Leben in dieser Zeit zu, und die, die stärker sind, schlägt es oft fester. So musste der Sohn, da Theodor Beer, der durch das Gerichtsurteil seine beruflichen wie gesellschaftlichen Stellung verloren hatte, sowie kriegsbedingt verarmt war, in eine Pflegefamilie gegeben werden. Doch damit nicht genug! Dieser so geliebte Mensch Berthas beging auch noch im Jahre 1919, just am Tage der Versteigerung seiner Villa in Luzern, Suizid. Erst fünfzehn Jahre später jedoch kam es zum– zunächst brieflichen – Austausch zwischen Roger und der Mutter. Eine große Wunde, gerade für eine Frau, die doch DAS bahnbrechende Werk über Mütter ihrer Zeit geschrieben hat, oder? Doch mit Wunden lässt sich (kreativ) umgehen, wie das Leben zeigt – so besuchte Bertha ihren Sohn im Jahre 1938 in Berlin – und widmete sich fortan dem, was sie besonders liebte: dem Schreiben. Derart entstanden zunächst einige Werke wie „Die ewig Reisende“ unter dem Pseudonym Ahasvera, sowie einige Skizzen. Die bekanntesten Schriften jedoch verfasste die Frau, die Zeit ihres Lebens die Hosen anhatte, unter dem Pseudonym Sir Galahad, das auf einen Ritter der Tafelrunde König Arthurs rekurriert.
Was folgt ist eine kreative Schaffensphase. Ja: Neben ihren Buchveröffentlichungen schreibt sie eine Reihe von Aufsätzen für Zeitungen und Zeitschriften und übersetzt drei Werke des amerikanischen Journalisten und esoterischen Schriftstellers Prentice Mulford. Nun entsteht auch der ganz und gar ungemütliche und sehr witzige aber auch philosophische Roman „Die Kegelschnitte Gottes“, der bereits erwähnt wurde und der die Situation der Frauen während der Gründerzeit kritisiert. Was danach folgt, ist Berthas Lebenswerk: Ja, von 1925 bis 1931 arbeitet die Neugierige an dem Monument „ Mütter und Amazonen“, einer auf Frauen fokussierten Kulturgeschichte, und setzt sich damit im Besonderen kritisch mit der Literatur Bachofens auseinander.
Das klingt nach einem intensiven und erfüllten Leben, oder? Freilich sei hier nicht verschwiegen, dass sie die Ideen des Nationalsozialismus unterstützte. Bertha stirbt am 20. Februar 1948 – fünf Wochen nach einer Operation – in Genf. Ihre letzte Arbeit an einer Kulturgeschichte Englands blieb leider unvollendet. Was jedoch tröstet: heute findet an eine Straße, die ihren Namen tragen darf: die Bertha-Eckstein-Straße, die im Jahr 2008 nach ihr benannt wurde.
Amazone du
vor deiner Zeit
Göttin von Morgen
Tau überm Kopf
Gebirgsbach im Sturz
Einsamkeit des Abends
mein Herz tragend
deins an meiner Stelle
Gebirge und Meer
steigt und fällt
dunkle Täler
Gebirge und Masse
windumweht Mantel: Queen
Göttin von Morgen
von lichteren Wellen
Strähnen durchsonnt
durchsichtig Himmel und Leuchten
Flügelspitze Gefieder
eintönig gewölbt Königin
versippt Kinder unerbittlich
Frühlings Leib schwellt
Erde in meinem Schädel
Hagedornkrone
Blütendecke
Gewalt des Blühens
vermehrt Getier: Nester
erstaunliche Fruchtbarkeit: fester, fester!
Schwellen der Knospen
Geschnatter der Gänse
wie jedermann aus sich selber gemacht
Allahs und Marias
schüttelt sich Wasser ab
kalfatet Schiffsraum
Göttin von Morgen
richtiger Kurs
Blut ihrer Mutter
wie ihr entkommen?
Schmückt Stern und Windrose
Engels Schwingen
Träume aussähen
Glauben falsch töten
Göttin von Morgen
steht niedermäht
verdammt ausgedehnt den Weiten
zu Hause zu sein
ihr Gefallen
den Gefallen übelnehmen
Weltschämen: weiter
Einfall gewaltiger Dinge still
Kugel im Kegelspiel
Keule der Knüppel
Arbeit reibt kerbt sie
Leben
Augen nicht direkt
erblickbar: dicht
Rachen der Riesenfische
ringt als Engel
Farbe des Schmerzes der Zärtlichkeit
Mädchen nähren
Mistress kleine vertraute Welle
Oberhoheit Meer unverschont
prächtiges Stück
Göttin von Morgen
Bertha mit Ecken
eckt auch gern an
steht Frau ihren Mann
echt weit warm von Regen
Tuch die Erinnerung Wind
haftet im
bewegt sich
fürchterliche Faust
Grausamkeit Glück Genick
fliegt nicht durch Lüfte: beschuht
schreitet ehrlich einher: Gegenwart, Erde
redet nicht nur in eigener Sache
verbinden
Vanille
nicht mehr gehindert
nicht Anmaßung
nicht Schwankung Ohnmacht Schwachheit
Qualen mal anders
saftige Wiesen
Göttin von Morgen
übertrieben: Pfauenfedern
schillerndes Gefunkel
Mastwinkel Raben
Räder donnernd Pferde klappernd
scheuchen Frauen Schürzen schwenkend
Feuchte Begegnung
durch rötliche Trümmer hindurch
in Köpfen
Halsstarrigkeit der Göttin
Fertigbringen
Liebe auf den ersten Blick
ganz und gar verlieren
soviel Seele
mich zu retten
Menschenfeind? Schattenträume!
Hält Welt geheim
sanken Flammen zusammen: sein
jedesmal wenn
dunkler zu leuchten
leichten
Futterspeicher
schönster Fleck in der Helligkeit Licht
Wangen wie Kind
unbenennbare Farbe
Gesicht doch ihr Blick
hat alles ausgelöscht
macht neu geworden wie Holz
die Hand in der Luft und wusste noch nicht
und ist schon: Göttin von Morgen
Kopf leer
wer da sei
ist sie das Kleid wie jeder
(es muss spät sein)
es ist nicht zu spät
wirbeln Staubwolken Feuer schwirren
jagen Galopp
wie kleiden sich Wolken
sogar
dann entrollt
Blatt seltsame Tiefen
und zittert in deiner Hand
Himmels dicht vor Augen
Schmelzen und beleuchten
beide Bilder
Baum im Herzen
gleichsam als Fuge
Regen ihrer Kindheit
heranrufen
wie durch farbige Gläser
Felder rollt
stellt sich Welt vor
anders als die Wirkliche: will
wird
Göttin von Morgen
in der ich eine Tür wüsste
nicht Wand: Wasser
federnde Weichheit: Kleid rollt
Borke Wolfszähne Mondbahn
Pfeifen und nie: einen ähnlichen Wind gehört
(schrieb sie in dich)
dicht
baut Stufen
Berge auf
herrscht herrlich Stille
Kopf spricht sinnlos
Herz liebt stumm
viel aus dem Meer fischen
die Schönste und abscheulichste Welt sein
Stadt im Gebirge
hat noch ein Meer für Leute
läutet
keine ergebene Sterbende
denkt an die Gletscher der Nacht
macht auf
Klang Erde Leben
Manchmal ist es nötig
Göttin von Morgen
dass existieren
bitter alleine gehen: weit sein
endlos der Heide gleichen
danke meine Hand halten danke
durch die wir gehen
singt alles blüht: ohne Unterlass
Wenn in der Stille
nichts als das Meer, Meer
um sich sieht
Denke im Gegenteil
Göttin von Morgen
Widerstand: weiter
klar ohne Redensart
mitten im Gesicht
Nicht- Ich Verbindung (Eckstein- Diener, Dienerin!)
starb nicht nach Jahren
Göttin von Morgen
(Sophie Reyer)
von Sophie Reyer
Quelle: Wikipedia